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Begriffserklärungen und Erläuterungen

Was ist Herzfrequenzvariabilität HRV?

„Wenn der Herzschlag so regelmäßig ist, wie das Klopfen einen Spechts oder das Tröpfeln des Regens auf dem Dach, wird der Patient innerhalb der nächsten 4 Tagen sterben.“ So vor 1700 Jahren der Chinesische Arzt Wang Shuhe zur heute erkannten Herzfrequenzvariabilität.

Unter Herzfrequenzvariabilität (HRV von englisch: heart rate variability) oder auch Herzratenvariabilität versteht man Schwankungen der Herzfrequenz von Herzschlag zu Herzschlag über den zugrunde gelegten Messzeitraum. Der Herzschlag ist im Normalfall demnach nicht gleichmäßig, sondern schwankt in charakteristischer Weise. Die HRV ist ein Parameter der autonomen Funktion des Herzens sowie ein Maß für dessen Regulationsfähigkeit. Sie spiegelt die Qualität der Reaktion des Herzens auf physischen und psychischen Stress wider.

Wie reagiert die Herzfrequenzvariabilität HRV auf starke körperliche Belastung (wie z. B. einstündigen Sport)?

Die HRV reagiert hoch sensibel auf unterschiedlichste Belastungen, insbesondere auf körperliche Anstrengung. Mit steigendem Puls („sympathikotoner Zustand“) sinkt sie. Anschließend bleibt sie noch so lange erniedrigt, bis sich der Körper weitgehend erholt hat. Das kann je nach geleistetem Pensum bis zu 24 Stunden dauern. Sollte sich die HRV dann immer noch nicht normalisiert haben, kann dies auf einen „Übertrainingszustand“ hinweisen. Meist fühlen sich die Betroffenen dann auch müde und ihr Zustand verschlechtert sich bei weiterem Training. Regelmäßige HRV-Messungen eignen sich deshalb dazu „Übertrainingszustände“ relativ rasch zu erkennen und ihnen durch ausreichende Pausen bzw. Anpassung des Trainingspensums zu begegnen.

Unterliegt die HRV Tagesschwankungen?

Ja. Insbesondere ist ein Tag-Nacht-Rhythmus zu unterscheiden, wobei tagsüber der Einfluss des Sympathikus und nachts derjenige des Parasympathikus vorherrscht. Davon abgesehen schwankt die Herzfrequenzvariabilität auch je nach Schlafstadium, was einige Schlafforscher sogar dazu bewegt hat, Schlafstadien nach der HRV einzuteilen. Hormone scheinen ebenfalls Schwankung der HRV im Tagesverlauf auslösen zu können.

Wie sollte man im Falle einer eingeschränkten HRV weiter verfahren?

Personen, die sich „entspannen konnten“ und dennoch eine eingeschränkte HRV aufweisen, sollten einen Arzt darauf ansprechen und ihm gleichzeitig ihre derzeitige Medikation sowie frühere oder bestehende Erkrankungen mitteilen. Wie bei allen auffälligen Befunden ist es sinnvoll, die Untersuchung zu einem späteren Zeitpunkt zu wiederholen, um so Situationsbedingte Einflüsse (Störgrößen) auszuschalten. Sollte sich erweisen, dass die Herzfrequenzvariabilität dauerhaft eingeschränkt ist und sollten sich keine offensichtlichen Erklärungen anbieten (wie etwa der Einfluss von Medikamenten), macht es Sinn, weitere medizinische Untersuchungen zu veranlassen.

Autonomes Nervensystem

Das autonome Nervensystem, bestehend aus den Komponenten Sympathikus, Parasympathikus und Darmnervensystem, innerviert die glatte Muskulatur aller Organe sowie das Herz und die Drüsen. Es regelt die lebenswichtigen Funktionen der Atmung, des Kreislaufs, der Verdauung, des Stoffwechsels, der Drüsensekretion, der Körpertemperatur und der Fortpflanzung. Es ist nicht oder kaum willkürlich kontrollierbar, es ist autonom. Neben dem Hormonsystem stellt es eines der beiden Informationssysteme zwischen den einzelnen Organen dar.

Sympathikus

Der Sympathikus ist eine Komponente des autonomen Nervensystems. Er reguliert das Herz-Kreislaufsystem einschließlich Organtätigkeit und bewirkt Leistungssteigerung, erhöht u. a. Herzfrequenz (Puls) sowie Blutdruck und ist auch Ausdruck bzw. ein Maß für Stress. Die vom Sympathikus kontrollierten Organe sind die glatten Muskelfasern aller Organe (Gefäße, Eingeweide, Ausscheidungs- und Sexualorgane, Haare, Pupillen), die Herzmuskelfasern und manche Drüsen (Schweiß-, Speichel-, Verdauungsdrüsen). Außerdem werden die Fettzellen, die Leberzellen, die Nierentubuli, lymphatische Gewebe (z. B. Thymus, Milz, Lymphknoten) und Teile des Immunsystems sympathisch innerviert.

Parasympathikus

Der Parasympathikus ist eine andere Komponente des autonomen Nervensystems. Er wird auch als „Ruhenerv“ bezeichnet, da er dem Stoffwechsel, der Regeneration und dem Aufbau körpereigener Reserven dient. Der Parasympathikus sorgt für Ruhe, Erholung, Schonung und kontrolliert unwillkürlich die meisten inneren Organe sowie den Kreislauf. Er reduziert Herzfrequenz (Puls) sowie Blutdruck und wird stark von der Atmung beeinflusst. Der Parasympathikus steuert die glatte Muskulatur und die Drüsen des Magen-Darm-Traktes, der Ausscheidungsorgane, der Sexualorgane und der Lunge. Er innerviert weiterhin die Vorhöfe des Herzens, die Tränen- und die Speicheldrüsen im Kopfbereich und die inneren Augenmuskeln. Dagegen besitzt er keinen direkten Einfluss auf die Schweißdrüsen und das gesamte Gefäßsystem (mit wenigen Ausnahmen, wie z. B. bei den Genitalorganen). Hier liegt bekanntlich der entscheidende Unterschied zum Sympathikus, der alle Gefäße innerviert.

Quelle: „clue-medical-Familie, Begriffserklärungen und Definitionen“ Seite 4 – 9 von Prof. Joachim Schlund